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Wege aus der Abhängigkeit:
Destruktive Beziehungen überwinden
(Broschiert) )
von Heinz-Peter Röhr


 
Röhrs hoher Anspruch einer Bibliotherapie kann gelingen. 190 Seiten lesen und dann Therapie? - Sie wird möglich durch eine äußerst genaue Beobachtung von allem, was den emotionalen Missbrauch ausmacht; alle Bausteine werden sorgfältig aneinander gereiht, so dass die Logik der psychischen Ereignisse zu Tage tritt und nachvollzogen werden kann.

Die Sprache ist prägnant, einfach und für jeden verständlich. Beides, die sorgfältige Stoffsammlung und die logischen Verknüpfungen bringen es mit sich, dass sich der Leser ohne sein Zutun dort einschaltet, wo er auf Grund früherer Verletzungen zu seinem eigenen Schutz in neurotische Verhaltensweisen geflüchtet war. Rückkehr in die Heimat nach Flucht und Emigration: das schafft man nicht alleine mit der Einsicht in die logischen Zusammenhänge der eigenen seelischen Erlebnisformen.

Röhr betitelt die Kapitel des ersten Teils seines Buches ausschließlich mit der Thematik des Märchens „Die Gänsemagd“. Das Märchen, das so in den Vordergrund gestellt wird, wird nach und nach zum Hintergrund des psychischen Geschehens.

Einmal ist das Märchen ein Geländer für die theoretischen Ausführungen. Mit den konkreten Bildern lässt sich die Logik der seelischen Dynamik leichter abrufen und erinnern. Zum anderen dient das Märchen einer meditativen Besinnung.

Ich erinnere mich wieder genau an die Atmosphäre meiner Kindheit, wo und wie meine Mutter uns das Märchen vorgelesen hatte, die Betonung ihrer Worte, meine surrealen Empfindungen für den Pferdekopf Fallada … Vielleicht werden auch andere Leser so in die „Chemie“ ihrer Kindheit zurückgeführt. Parallel dazu interpretiert Röhr sorgfältig und treffend die Symbolik des Märchens. Dieser beständige Wechsel von Kindheit, Geradlinigkeit der Entwicklung und Neurose bringt etwas in Bewegung, was sonst in seiner Dynamik stumm geblieben wäre.

Es geht um den emotionalen Missbrauch in der Familie (Teil 1) und die daraus folgende abhängige Persönlichkeitsstörung (Teil 2).
Der dritte Teil bietet die Heilung an, obwohl, wie schon dargelegt, das Buch von Anfang an bibliotherapeutisch arbeitet.
Teil 4 und der Anhang sind Ergänzungen, um die Thematik zu vervollständigen: Narzisstischer Missbrauch in der Familie, Kindesmisshandlung und schließlich die Suchkrankheit mit einer Beschreibung der Co-Abhängigkeit.

Heinz-Peter Röhr ist jemand, der wie auch Bärbel Wardetzki die Kunst des Fokussierens beherrscht. Er trifft mit seiner Beobachtung und Darstellung den Punkt, wo sich Menschen zu ihrem eigenen Schutz in neurotische Verhaltensweisen geflüchtet haben. Dort war man wenigstens mit sich alleine und konnte nicht mehr verfolgt werden. Wenn man an den Ort seiner früheren Entscheidung zurückgeführt wird, kann man in zwei Richtungen schauen: geradeaus und der Abbiegung entlang, die man damals unbewusst eingeschlagen hatte oder wie es Röhr und Wardetzki nennen: ein Leben in der eigenen Identität oder im falschen Selbst.

Es ist ein großer Verdienst Heinz-Peter Röhrs, destruktives Verhalten, wie es uns selbst und andere bedroht, erklärt und aufgedeckt zu haben.
(Ulilohff)

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